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Scheu (2009):
Die Skulptur mit dem Titel "Scheu" ist in erster Linie für blinde und sehbehinderte Menschen gedacht. "Scheu" erschließt sich nur, wenn man die Brailleschrift lesen kann, die die Grundlage dieser Arbeit darstellt. Die Punkte der Brailleschrift werden noch mehr aus ihrer Fläche gehoben und als dreidimensionale Bälle umgesetzt. Das bedeutet konkret, dass pro Buchstabe sechs Bälle entsprechend des Punktsystems der Brailleschrift angeordnet werden. Dabei entsprechen die große Bälle den eigentlichen Punkten und kleine Bälle den Leerstellen bzw. kleinen Punkten. In dieser Art und Weise lassen sich alle Wörter darstellen.

Ich machte es mir jedoch zur Aufgabe ein Wort zu finden, dass von beiden Seiten, d.h. wenn der Betrachter den Standort um 180° wechselt, immer noch lesbar ist, bzw. ein Wort ergibt.

Hierfür kommen jedoch nicht alle Buchstaben in Frage, denn nur einige Buchstaben ergeben um 180° gedreht, also auf dem Kopf stehend, einen anderen Buchstaben in Brailleschrift.
Beispielsweise der Buchstabe A in Brailleschrift wird somit zu(A auf den Kopf), der jedoch in der Brailleschrift nicht existiert.

Betrachtet man die Buchstaben um 180° gedreht wird:

Dies bedeutete für mich im ersten Schritt, Wörter zu finden, die nur aus den oben genannten Buchstabenkombinationen bestehen.

Hier einige Beispiele:
Aus, Ausschuss, Tausch, Austausch, Ausweis, Auto, Autor, Chor, Eis, Eiweiss, Eu, Euch, Euro, Maus, Maut, Meist, Mies, Moos Moor, Morsch, Most, Motor, Mus, muss, Mut, Mwst, Ort, Rau, Sau, Rauch, Raum, Raus, Rausch, Reich, Reim, Reis, Rom Rost, rot, Rum, Russ, Saum, Schaum, Schoss, Schrei, Schrott, Schrot, Schuss, Schutt, u.v.m.

Die Schwierigkeit jedoch bestand nun im zweiten Schritt darin, dass diese Wörter wiederum ein sinnvolles Wort ergeben, wenn man sie um 180° dreht.
So bedeutet z.B.
Aus: Äus
Ausschuss: Äöeieuäau
Tausch: Euaut
Austausch: Euautäau
Ausweis: Äuräau

Sehr viele ergaben, wie auch die hier genannten Beispiele, keinen Sinn.

Nach langem Forschen entdeckte ich das Wort "Scheu".
Dieses bedeutet 180° gedreht wiederum "Scheu", da das Sch dann dem Eu und das Eu dem Sch entspricht.

Die Skulptur "Scheu" soll sowohl mit dem Auge als auch durch Berührung erforscht werden. Sie funktioniert daher als Ort der Begegnung von Sehenden und Menschen mit eingeschränkter Sicht, mit dem Ziel Schüchternheit und Scheu auf beiden Seiten abzubauen.

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